Maschinenfähigkeitsuntersuchung bei attributiven Merkmalen

Eine Maschinenfähigkeitsuntersuchung (MFU) für attributive Merkmale unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten von der MFU für diskrete (variablen) Merkmale.

Da attributive Merkmale binär sind (z.B. Gut/Schlecht, Ja/Nein, Vorhanden/Nicht Vorhanden), verwenden wir andere Methoden und Kennzahlen zur Beurteilung der Maschinenfähigkeit. Hier ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie du eine MFU für attributive Merkmale gestalten kannst:

Planung der Maschinenfähigkeitsuntersuchung (MFU)

Definiere das Attributive Merkmal:

  • Klarheit: Definiere präzise, was genau als „defekt“ oder „nicht konform“ gilt. Missverständnisse bei der Beurteilung müssen vermieden werden.
  • Messbarkeit: Stelle sicher, dass das Merkmal eindeutig und objektiv beurteilt werden kann.
  • Beispiele: Lackfehler (vorhanden/nicht vorhanden), falsche Farbe (richtig/falsch), Funktionsfähigkeit (funktioniert/funktioniert nicht), Vorhandensein eines Bauteils (vorhanden/fehlt).

Bestimme den Stichprobenumfang und die Stichprobengröße:

  • Repräsentativität: Die Stichprobe muss die normale Produktionsleistung der Maschine unter typischen Betriebsbedingungen repräsentieren.
  • Stichprobengröße: Für attributive Merkmale sind oft größere Stichproben notwendig als bei messbaren Merkmalen, um statistisch aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Eine übliche Faustregel ist, dass du genügend Stichproben benötigst, um eine angemessene Anzahl von Defekten zu erwarten. Faustregeln für Stichprobengrößen können sein:
    • Mindestens 50 Defekte insgesamt: Dies ist eine grobe Richtlinie. Je geringer die erwartete Fehlerquote, desto größer muss die Stichprobe sein.
    • Berücksichtige das Risiko: Je höher das Risiko falscher Entscheidungen (z.B. Maschine wird als fähig eingestuft, ist es aber nicht), desto größer sollte die Stichprobe sein.
    • Statistische Software/Tabellen: Es gibt statistische Software und Tabellen, die dir bei der Bestimmung des optimalen Stichprobenumfangs für attributive Daten helfen können (basierend auf dem gewünschten Konfidenzniveau und der erwarteten Fehlerquote).

Lege den Zeitraum und die Häufigkeit der Datenerfassung fest:

  • Zeitraum: Die Datenerfassung sollte über einen Zeitraum erfolgen, der repräsentativ für den normalen Betrieb der Maschine ist. Vermeide kurze, „optimierte“ Produktionsläufe.
  • Häufigkeit: Entscheide, wie oft du Stichproben ziehen möchtest (z.B. stündlich, schichtweise, täglich). Dies hängt von der Produktionsrate und der erwarteten Variabilität ab.
  • Stabilität: Ziel ist es, die Fähigkeit der Maschine unter stabilen Bedingungen zu bewerten. Stelle sicher, dass während der Datenerfassung keine wesentlichen Änderungen an Material, Einstellungen oder Bedienern vorgenommen werden.

Definiere den Akzeptanzstandard (Anforderung):

  • Fehlerquote (p): Lege fest, welche maximale Fehlerquote (Anteil defekter Einheiten) akzeptabel ist. Dies kann aus Kundenspezifikationen, internen Qualitätsstandards oder Branchenrichtlinien abgeleitet werden.
  • Defektanzahl pro Einheit (DPU) oder Defekte pro Million Möglichkeiten (DPMO): In manchen Fällen ist es sinnvoller, die Anzahl der Defekte pro Einheit oder DPMO zu betrachten, besonders wenn eine Einheit mehrere Fehler haben kann.

Datenerfassung

  • Systematische Stichprobenziehung: Ziehe die Stichproben nach dem festgelegten Plan. Achte auf eine zufällige Auswahl innerhalb der Produktionslose, um Verzerrungen zu vermeiden.
  • Sorgfältige Prüfung: Führe die Prüfung der attributiven Merkmale sorgfältig und konsistent durch. Schulung der Prüfer ist wichtig, um subjektive Beurteilungen zu minimieren.
  • Datenerfassungsprotokoll: Dokumentiere die Ergebnisse übersichtlich und detailliert. Erfasse:
    • Datum und Uhrzeit der Stichprobe
    • Losnummer oder Produktionsauftrag
    • Stichprobengröße
    • Anzahl defekter Einheiten (oder Anzahl Defekte, je nach Merkmal)
    • Art der Defekte (optional, aber hilfreich für Analysen)
    • Prüfer (optional, aber hilfreich für Konsistenzprüfung)

Analyse der Daten

  • Berechnung der Fehlerquote (p):
    • Für jede Stichprobe: p = Anzahl defekter Einheiten / Stichprobengröße
    • Durchschnittliche Fehlerquote (p̄): Berechne den Durchschnitt der Fehlerquoten aller Stichproben. p̄ = Summe aller Fehlerquoten / Anzahl der Stichproben
  • Erstellung von Regelkarten für Attributive Merkmale:
    • p-Karte (für Anteilswerte): Geeignet, wenn du den Anteil defekter Einheiten in Stichproben konstanter oder variabler Größe überwachst.
    • Regelgrenzen: Die Regelgrenzen (obere Eingriffsgrenze OEG, untere Eingriffsgrenze UEG) werden basierend auf der Verteilung der attributiven Daten (oft binomial oder Poisson) und der Stichprobengröße berechnet. 
  • Beurteilung der Stabilität:
    • Regelkartenanalyse: Überprüfe die Regelkarten auf Außer-Kontroll-Punkte (Punkte außerhalb der Regelgrenzen) oder Muster, die auf Instabilität der Maschine oder des Prozesses hindeuten.
    • Trendanalyse: Gibt es Trends in der Fehlerquote über die Zeit?
  • Konzentriere dich auf die Prozessleistung und die Regelkarten: Bei attributiven Merkmalen ist es oft sinnvoller, die Prozessfähigkeit direkt anhand der durchschnittlichen Fehlerquote (p̄) und der Stabilität des Prozesses (wie durch die Regelkarte gezeigt) zu beurteilen

Interpretation der Ergebnisse und Maßnahmen

  • Fähigkeit beurteilen:
    • Stabilität: Ist der Prozess stabil (keine Außer-Kontroll-Punkte in der Regelkarte)? Ein instabiler Prozess ist nicht fähig, egal wie niedrig die aktuelle Fehlerquote ist.
    • Fehlerquote im Vergleich zum Standard: Liegt die durchschnittliche Fehlerquote (p̄) unterhalb des definierten Akzeptanzstandards?
    • Regelgrenzenlage: Liegen die Regelgrenzen der p-Karte (oder anderer Regelkarte) im akzeptablen Bereich? Sehr enge Regelgrenzen bei hoher Fehlerquote können problematisch sein.
  • Maßnahmen ableiten:
    • Fähig: Wenn der Prozess stabil ist und die Fehlerquote akzeptabel ist, ist die Maschine für das attributive Merkmal als fähig anzusehen (zumindest im Rahmen der Untersuchung). Kontinuierliche Überwachung durch Regelkarten ist dennoch empfehlenswert.
    • Nicht fähig: Wenn der Prozess instabil ist oder die Fehlerquote zu hoch ist:
      • Ursachenanalyse: Identifiziere die Ursachen für die Defekte (z.B. Ishikawa-Diagramm, 5-Why-Methode).
      • Korrekturmaßnahmen: Leite Korrekturmaßnahmen ein, um die Ursachen zu beseitigen und die Fehlerquote zu reduzieren.
      • Wiederholte MFU: Nach Umsetzung der Korrekturmaßnahmen sollte eine erneute MFU durchgeführt werden, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen und die neue Fähigkeit der Maschine zu beurteilen.

p – Regelkarte in Excel als Hilfe

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