Attributive Prüfung

Eine attributive Prüfung ist ein Prüfverfahren, bei der qualitätsrelevante Merkmale nicht oder nur mit zu hohem Aufwand sinnvoll oder wirtschaftlich messbar sind. Dabei handelt es sich um Prüfverfahren, bei denen keine Messmittel eingesetzt werden, sondern beispielsweise visuelle Inspektionen, Klangprüfungen oder die Verwendung von Lehren.

Attributive Prüfung ist gleich vergleichende Prüfung?

Die Messung attributiver Merkmale erfolgt durch vergleichende Prüfungen, bei denen das Merkmal verschiedene, abgestufte Ausprägungen annimmt, die nicht oder nur schwer messbar sind. Beispiele für solche Merkmale sind Farben, Sauberkeit, Klang oder andere nicht diskrete Eigenschaften. Die quantitative Prüfung hingegen bezieht sich auf messbare, stetige Daten oder Qualitätsmerkmale.

Ziele der attributiven Prüfung

Ähnlich wie bei der Messsystemanalyse (MSA) für messbare Merkmale dient der attributive Eignungsnachweis dazu, die Messsystemfähigkeit einer attributiven Prüfung zu bewerten. Nur wenn bekannt ist, in welchem Maße die Subjektivität des Prüfers und die damit verbundene Streuung das Prüfergebnis beeinflussen, kann eine zuverlässige Produktbeurteilung erfolgen und darauf basierend eine Prozesskorrektur gerechtfertigt werden.

Norm zur Messsystemanalyse (MSA) Verfahren 7 – attributive Prüfung

Die Entscheidung, ob ein Prüfverfahren prozessfähig ist, wird gemäß der Norm ISO 22514-7 (Fähigkeit von Messprozessen) oder dem VDA-Band 5 zur Messsystemanalyse (MSA) getroffen. In diesen Richtlinien wird die attributive Prüfung als Verfahren 7 bezeichnet.

Excel Vorlage zur Messsystemanalyse (MSA) Verfahren 7 – attributive Prüfung

Eine Vorlage zur MSA 7 können Sie hier downloaden.

Messsystemanalyse Verfahren 7 MSA 7 20220822.jpg
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Messsystemanalyse (MSA) Verfahren 7 – attributive Prüfung – Prüfautomat

Eine Sonderform der MSA 7 ist die attributive Prüfungen von Prüfautomation. Als Beispiel gilt eine mechanischer Sortiertopf, mit dem Materialein mit bestimmten Attributen sortiert werden. Dies können zum Beispiel Schrauben mit bestimmten Formen oder Abmessungen sein.

Können die Bewertungen durch die Handhabung und/oder die Subjektivität des Prüfpersonals beeinflusst werden (z.B. bei manuellen Lehren- oder Sichtprüfungen), müssen die Prüfobjekte von mehreren (mindestens 3) Prüfern, jeweils in mehreren Durchgängen (mindestens 3) bewertet werden.

Wenn Handhabung und/oder Subjektivität keine Rolle spielen (z. B. bei Prüfautomaten), müssen die Prüfobjekte in mehreren (empfohlen mindestens 6) Prüfdurchgängen geprüft werden.

In beiden Fällen ist die Reihenfolge der Prüflinge für jeden Prüfdurchgang zufällig zu wählen. Die Prüfergebnisse sind zu dokumentieren.

MSA 7 attributiv Prüfautomat.jpg
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Prüfmittel in der attributiven Prüfung – Grenzmuster

Im Gegensatz zu herkömmlichen Messmitteln oder Messsystemen, die bei der Überwachung messbarer Merkmale verwendet werden, kommen bei der attributiven Prüfung in der Regel keine solchen Mittel zum Einsatz. Stattdessen sind Grenzmuster ein bewährtes Hilfsmittel. Diese dienen als „noch gut Muster“ und „schon schlecht Muster“. Grenzmuster, idealerweise reale Objekte und nicht nur Bilder, sind besonders hilfreich, da eine genaue Beurteilung für jeden Prüfer leichter ist, wenn ein direkter Vergleich und eine haptische Erfahrung möglich sind, obwohl dies die Eigenschaften der Grenzmuster beeinflussen kann.

Stichprobennahme in der attributiven Prüfung

Wenn keine 100%ige Prüfung durchgeführt wird, hat die Auswahl der Stichprobe einen erheblichen Einfluss auf das Prüfergebnis, ähnlich wie bei anderen Prüfverfahren. Dies sollte insbesondere bei der Wareneingangskontrolle berücksichtigt werden.

Beispiele für attributive Prüfung

Typische Beispiele für attributive Daten sind Farben, Glanzgrade von Objekten, nicht messbarer Verzug von Gummidichtungen, Maserung von Holzoberflächen oder Rauheiten und Welligkeiten, die erst in der Gegenlichtreflektion erkennbar sind. Weitere Beispiele sind die Prüfung von Geräuschen wie „Knarzen“ bei Automobilbaugruppen oder der Klang von Objekten wie Glas, Fliesen und anderen Keramikartikeln.

Qualitätskosten und attributive Prüfungen

Fehlende oder unzureichend spezifizierte Prüfmerkmale, Prüfbedingungen und Prüfanweisungen können zu hohen Ausschussraten und damit verbundenen hohen Qualitätskosten führen. Wenn diese Inhalte fehlen, erfolgt jede Prüfung stark subjektiv durch die Bewertung des jeweiligen Prüfers.

Prüfanweisungen in der attributiven Prüfung

Detaillierte Prüfanweisungen mit genauen Prüfbedingungen sind für die attributive Prüfung unerlässlich. Der individuelle Einfluss eines Prüfers auf Ausschussraten und Qualitätskosten kann erheblich sein, da jeder Prüfer bei fehlenden Prüfanweisungen individuell nach bestem Wissen und Gewissen entscheidet. Dies führt trotz unveränderter Prozesse zu prüferabhängigen, stark schwankenden Reklamations- und Ausschussraten, was im Qualitätsmanagement unbedingt vermieden werden sollte.

Mitarbeiterschulung in der attributiven Prüfung

Umfangreiche und regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter sind unerlässlich, wenn qualitative Merkmale mittels attributiver Prüfung geprüft werden. Die Schulungen sollten auf den Prüfanweisungen basieren. Zusätzlich empfehlen wir Schulungen an realen Prüfobjekten und anhand von Gut- und Schlechtmustern.

Der Schulungserfolg kann durch Eignungsnachweise überprüft werden. Zur Planung der Schulungen hat sich ein Schulungskalender und eine Qualifikationsmatrix bewährt.

Eignungsnachweis und Prozessfähigkeit in der attributiven Prüfung

Auch in Prozessen, in denen nur attributive Merkmale geprüft werden können, ist es sinnvoll und erforderlich, die Prozessfähigkeit zu untersuchen und nachzuweisen. Dies kann analog zur Prozessfähigkeit von Prozessen mit messbaren Merkmalen erfolgen. In der Messsystemanalyse (MSA) gibt es Vorschriften für den Eignungsnachweis des Prüfverfahrens, auch für attributive Daten und Merkmale.

Attributive Prüfung und Lieferantenmanagement

Die (unzureichende) Lieferqualität ist neben der Liefertreue ein häufiger Streitpunkt im Lieferantenmanagement. In vielen Fällen lässt sich dieser Konflikt zwischen dem reklamierenden Kunden und dem Lieferanten auf nicht ausreichend spezifizierte und detaillierte Prüfanweisungen zurückführen, insbesondere bei der attributiven Prüfung. Das Fehlen oder die Unklarheit von Prüfanweisungen und abweichendes Vorgehen der Prüfer können intern zu 30 bis 40% (!) Ausschuss führen. Unterschiedliche Merkmalsbeurteilungen zwischen Lieferanten und Kunden können zur Ablehnung ganzer Lieferungen und zu rechtlichen Konsequenzen führen.

Reklamationen und fehlende Prozessfähigkeit – Was tun?

Wenn Sie wiederholt mit Reklamationen von Kunden konfrontiert sind, weil Vorgaben für attributive Merkmale nicht eingehalten werden, oder wenn Sie Prozessoptimierungen durchführen, aber die Ausschussquote unverändert bleibt, sollten Sie uns kontaktieren.