Qualität – Begriff, Definition, Qualitätsverständniss

Qualität (lateinisch qualitas, englisch quality, Beschaffenheit, Merkmal, Eigenschaft, Zustand) hat drei Bedeutungen:

a) neutral: die Summe aller Eigenschaften eines Objektes, Systems oder Prozesses

b) bewertet: die Güte aller Eigenschaften eines Objektes, Systems oder Prozesses

c) bewertet: die der Handlung und deren Ergebnissen vorgelagerten individuellen Werthaltungen

Qualität ist bezüglich der Punkte a) und b) die Bezeichnung einer wahrnehmbaren Zustandsform von Systemen und ihrer Merkmale, welche in einem bestimmten Zeitraum anhand bestimmter Eigenschaften des Systems in diesem Zustand definiert wird. Qualität könnte sowohl ein Produkt wie Wein und dessen chemische Bestandteile und den daraus resultierenden subjektiv bewertbaren Geschmack beschreiben als auch die Prozesse der Reifung der Traube, der Produktion und des Vertriebs des Weines, oder den Prozess des Managements der Winzerei. In der Bedeutung b) spricht man von Qualitätswein oder Wein mit Prädikat bzw. von Exzellentem Management.

Qualität ist mit Bezug auf c) die Summe individueller, (Wert-)Haltungen (Eigenschaften) eines zielgerichtet agierenden Individuums.

Qualität ist auch definiert als die Erfüllung von Anforderungen und Erwartungen. Qualität versteht sich ebenso als die Übereinstimmung von Vorhaben und Ausführung.

ISO und IEC-Normierung

Qualität wird laut der Norm DIN EN ISO 9000:2015-11 in Punkt 3.6.2. (der gültigen Norm zum Qualitätsmanagement) als „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale eines Objekts Anforderungen erfüllt“ definiert. Die Qualität gibt damit an, in welchem Maße ein Produkt (Ware oder Dienstleistung) den bestehenden Anforderungen entspricht. Die Benennung der Qualität kann zusammen mit Adjektiven wie schlecht, gut oder ausgezeichnet verwendet werden. Inhärent bedeutet im Gegensatz zu „zugeordnet“ einer Einheit innewohnend, insbesondere als ständiges Merkmal. Damit sind objektiv messbare Merkmale wie z. B. Länge, Breite, Gewicht, Materialspezifikationen gemeint.

Nicht inhärent sind subjektiv zugeordnete Beschreibungen wie „schön“ oder auch der Preis, weil diese eben nicht objektiv messbar sind. Der Preis oder ein persönliches Urteil sind also nicht Bestandteil der Qualität. Durch die Definition einer Zielgruppe und Meinungsumfragen kann das subjektive Empfinden dieser Zielgruppe ermittelt, ein inhärentes Merkmal definiert und damit „messbar“ und Bestandteil der Qualität werden.

Diese Definition löste die Formulierung des DIN EN ISO 8402:1995-08, des früheren Standards zum Qualitätsmanagement, ab. Nach dieser ist Qualität „die Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen.“ Einheiten sind dabei Produkte, Dienstleistungen, Konzepte, Entwürfe, Software, Arbeitsabläufe, Verfahren und Prozesse; Qualität ist eine Funktion der Anspruchsklasse.

Nach der IEC 2371 ist Qualität die Übereinstimmung zwischen den festgestellten Eigenschaften und den vorher festgelegten Forderungen einer Betrachtungseinheit.

Während Qualität früher traditionell als eine Eigenschaft von Produkten oder Dienstleistungen verstanden wurde, also die Erfordernisse der Kunden im Vordergrund standen, erstreckt sich der Qualitätsbegriff im Rahmen von Total-Quality-Konzepten, wie dem Total-Quality-Management als umfassender Variante des Qualitätsmanagements, über ganze Unternehmen. Neben die Kundenanforderungen treten die Anforderungen von Mitarbeitern, Kapitalgebern und Öffentlichkeit (rechtliche Anforderungen), an deren Erfüllung sich die umfassende Qualität eines Unternehmens („Total Quality“) misst.

Qualitätsansätze nach Garvin

In der praktischen Anwendung des Qualitätsbegriffes kann nach der Auffassung von David A. Garvin zwischen fünf verschiedenen Sichtweisen unterschieden werden:

  • das transzendente Qualitätsverständnis: Entspricht etwa der umgangssprachlichen Sicht von Qualität. Demnach ist Qualität eine subjektive Erfahrung einer Person hinsichtlich der besonderen, einzigartigen Eigenschaften eines Produktes bzw. einer Dienstleistung. Qualität kann dabei weder gemessen noch konkretisiert werden, genauso wenig wie der Begriff Schönheit allgemein definiert werden kann. In der wissenschaftlichen Praxis ist dieser Ansatz kaum relevant.
  • das produktbezogene Qualitätsverständnis: Wird die produktbezogene Sichtweise bei der Qualitätsbetrachtung zugrunde gelegt, ergibt sich die Qualität eines Produktes aus der Erfüllung von allgemein festgelegten Anforderungen. Ein klassisches Beispiel ist die Realisierung kleinerer Spaltmaße im Automobilbau im Vergleich zu Konkurrenzfahrzeugen. Ein weiteres Beispiel ist die Reifedauer eines Weines, bei der vereinfacht gilt: Je länger der Wein ruht, desto höher die Qualität. Allerdings sind produktbezogene Anforderungen nicht uneingeschränkt sinnvoll. So führt z. B. die Reduzierung des Spaltmaßes bei einem Geländewagen mit hohen Ansprüchen an die Karosserie tendenziell zu höherem Aufwand bei Reparaturen.
  • das kundenbezogene Qualitätsverständnis: Diese Sichtweise definiert Qualität als die perfekte Realisierung aller Kundenanforderungen an ein Produkt und entspricht der Qualitätsdefinition der ISO 9000:2005. Das Fehlen von Merkmalen (fehlende Umsetzung einer Kundenforderung) wirkt sich damit negativ auf die Qualität des Produktes aus. Eine Zugabe weiterer Merkmale, welche vom Kunden nicht gewünscht sind, kann die Qualität nicht positiv beeinflussen, da sie für den Kunden nutzlos sind. Daher kann auch keine Kompensation von fehlenden Merkmalen durch Zugabe anderer Funktionen erfolgen. Ein Problem dieses Ansatzes liegt in der vollständigen Identifikation der Kundenforderungen begründet. Während explizite Anforderungen dem Kunden bewusst sind, müssen implizite (unbewusste) Anforderungen durch geeignete Methoden „aus einer Person extrahiert“ werden. So könnte z. B. eine dem Kunden unbewusste Anforderung das Prestige eines Kraftfahrzeuges darstellen, was durch den Kauf erworben wird. Die Identifikation von Anforderungen und deren Realisierung in Produkte erfolgt durch das Forschungsgebiet des Marketing bzw. der Marktforschung. Da die Anforderungen zwischen Personen unterschiedlich ausfallen können, kann kein Produkt mit absoluter Qualität existieren. Vielmehr kann die Qualität eines Produkts durch eine Person als positiv und durch eine andere als negativ bewertet werden. So besitzen z. B. Supersportwagen durch die Eigenschaft der Vermittlung des sozialen Status des Besitzers für einige Menschen eine hohe Qualität. Umweltbewusste Konsumenten werden die Qualitätsmerkmale wegen der ungünstigen CO2-Bilanz anders bewerten.
  • das wertorientierte Qualitätsverständnis: Nach dieser Sichtweise liegt ein Qualitätsprodukt genau dann vor, wenn ein Produkt hinsichtlich der realisierten Merkmale zu einem angemessenen Preis erworben werden kann (Kosten-Nutzen-Verhältnis). Diese Sicht wird z. B. bei Produkttests von Zeitschriften zugrunde gelegt und erfolgt in Kategorien wie „Preis/Leistungssieger“ etc. Allerdings muss bei dieser Betrachtung die Relevanz der Merkmale eines Produktes für den Kunden beachtet werden (vgl. kundenbezogenes Qualitätsverständnis). Ein höherer Preis ist für den Kunden nicht durch nutzlose Produktmerkmale zu rechtfertigen.
  • das fertigungsbezogene Qualitätsverständnis: Erfüllung von Zeichnungsangaben, Vereinbarungen und Normen; „a priori“ Qualität.

Die 4 Eckpfeiler der Qualität nach Philip Bayard Crosby

Philip B. Crosby definierte die vier Eckpfeiler der Qualität wie folgt:

  • Qualität wird als Grad der Übereinstimmung mit Anforderungen definiert („Quality is conformance to requirements“)
  • Das Grundprinzip der Qualitätsplanung ist Vorbeugung
  • Null-Fehler-Prinzip muss zum Standard werden
  • Qualitätskosten sind die Kosten für Nichterfüllung der Anforderungen

Qualitätsansatz nach Lütke

Qualität wird als „Mutter aller Haltungen“ dem jeder Handlung vorgelagerten individuellen Erkenntnisprozess eines zielgerichtet handelnden Individuums zugeordnet. Sie ist erkennbar an der Kommunikation des jeweiligen Individuums, an der Wesenheit des Menschentyps (z. B. extrinsischer oder intrinsischer Motivations-Grundhaltung) und ist an der Übereinstimmung des Seins, des Sagens und Tuns (Kommunikation) vom Handlungsergebnis ableitbar. Diese Definition widerspricht den bekannten Definitionen nicht – sie ist vielmehr eine erweiterte Sichtweise, aus der sich insbesondere produkt- und systemtechnisch fokussierte Definitionen ableiten lassen.

Lütkes Begriff setzt im Vorfeld an, weil Qualität letztendlich im Kopf mit der Entscheidung und dem Plan beginnt, wie ich mir nutze und was ich mit meinem geplanten Handeln erreichen möchte:

a) Nutze ich mir indirekt materiell, ohne Ansehensmaximierung eher spielerisch mit Produkt-/Dienstleistungsfokus, indem ich die Lösung interessanter Themenstellungen vorantreibe (Prinzip erfolgreicher Unternehmer wie Robert Bosch, Gottfried Daimler, Hans-Joachim Pabst von Ohain, etc.), dann bin ich, was ich sage und tue oder

b) nutze ich mir direkt materiell und mit direkter Ansehensmaximierung ohne Kundenfokus – der Kunde ist allenfalls ein Vehikel, was es zu „melken“ gilt, dann bin ich, was ich habe.


Besonderer Fokus gilt deshalb auch diesen beiden sich gegenseitig ausschließenden, individuellen Ziel- bzw. Wirkungsrichtungen, eben

a) Unternehmerischer Qualität – mit dem Ziel der Schaffung hochwertiger, innovativer Produkte-/Dienstleistungen für Mitarbeiter, Kunden, Natur/Umwelt, etc., aus einer stabilen Kooperation, vertrauensvoll agierender gleichinteressierter (eher langfristig) – und

b) Finanzkapitalistischer bzw. Spekulationskapitalistischer Qualität – mit dem Ziel eines kurzfristigen quantitativen, persönlichen Zuwachses an Ansehen und monetären Werten aus einer eher instabilen Kooperation gleichinteressierter durch hohe Systemqualität


Qualität differenziert sich am „Haben“ oder am „Sein“.

Die o.a. Ziel- bzw. Wirkungsrichtungen qualitativen Handelns haben in ihrer Ausprägungsstärke zudem fundamentale Auswirkungen auf die Schaffung von langfristig wachsendem kulturellen Kapital und damit auf den Bestand von Vertrauenswerten einer kooperierenden, stabilen, insbesondere demokratischen Gesellschaft.

Unternehmerisches Qualitätsverständnis

Das unternehmerische Qualitätsverständnis geht über das Qualitätsverständnis der EN ISO 9000:2005 hinaus. Letztere versteht Qualität als Überdeckungsgrad zwischen expliziten und impliziten Forderungen des Kunden „Soll“ und den gelieferten Eigenschaften „Ist“. Eine alleinige Ausrichtung des Unternehmens auf Kundenwünsche ist jedoch nicht zwangsläufig unternehmerisch. Beim unternehmerischen Qualitätsverständnis stellt erst der Überdeckungsgrad der drei Zielgrößen „Kundenforderungen“ (Sollen), „Unternehmensausrichtung“ (Wollen) und „Unternehmensfähigkeit“ (Können) unternehmerische Qualität dar. Kundenforderungen sind z. B. Forderungen nach spezifischen Funktionalitäten oder Eigenschaften, die z. B. ein Produkt (Produktqualität) oder eine Dienstleistung (Dienstleistungsqualität) aus Sicht des Kunden erfüllen soll. In der Unternehmensausrichtung spiegeln sich die Ziele und die strategische Ausrichtung des Unternehmens wider. Die Unternehmensausrichtung definiert, wie ein Unternehmen den Markt und damit die Kunden bearbeiten möchte. Dabei orientiert sich das Unternehmen an den gesellschaftlichen sowie selbst auferlegten Werten. Unter der Unternehmensfähigkeit werden die Kompetenzen verstanden, die das Unternehmen im Rahmen des Qualitätsmanagements besitzt, um die gesetzten Ziele zu erreichen und die Kundenforderungen mit Produkt- und Dienstleistungsadressat sowie aus dem übrigen Kontext des Unternehmens (z. B. Anforderungen rechtlicher Natur aus Staat und Gesellschaft, der Eigentümer, der Mitarbeiter, der Lieferanten, … ) umzusetzen und mögliche Risiken präventiv zu entschärfen.

Produkt-, Service- und Prozessqualität

Tatsächlich hat sich der Begriff „Qualität“ im wirtschaftlichen Alltag als ein allgemeiner Wertmaßstab etabliert, der die Zweckangemessenheit eines Produkts (Produktqualität), einer Dienstleistung (Servicequalität) oder eines Prozesses (Prozessqualität) zum Ausdruck bringen soll. Dieses Verständnis zeigt sich etwa im Ausdruck „Qualitätsarbeit“. Sie findet häufig in einem bereichsübergreifenden, die Qualität der einzelnen Ergebnisse sichernden System statt. Die PlanungSteuerung und Kontrolle aller hierzu nötigen Tätigkeiten wird als Qualitätsmanagement bezeichnet. Als Ergebnis entsteht das „Qualitätsprodukt“.

Der Unterschied zwischen Produkt- und Prozessqualität kann in der Praxis bei Fragen der Haftung zum Tragen kommen. Beispielsweise berücksichtigte das Oberlandesgericht Zweibrücken 2014 bei seiner Zurückweisung von Haftungsansprüchen, welche im Zusammenhang mit den fehlerhaften Brustimplantaten des Herstellers PIP gegen den TÜV Rheinland erhoben worden waren, dass der TÜV Rheinland zwar das Qualitätssicherungssystem von PIP zu prüfen hatte, nicht aber die Beschaffenheit und Qualität der hergestellten Produkte selbst.[1]

Wo sich Produktqualität mit quantitativen Größen messen lässt, wird sie häufig als technische Qualität bezeichnet. Das betrifft beispielsweise Eigenschaften wie Bruchfestigkeit, Belastbarkeit, Langlebigkeit, Farbechtheit usw. Als eine der einfachsten Definitionen für Qualität gilt hier die Regel: Qualität ist die Übereinstimmung von Ist und Soll., also die Erfüllung von Spezifikationen oder Vorgaben (Fulfilment of a specification) im Gegensatz zu der Erfüllung von Erwartungen und Zielen als dem übergreifenden Qualitätsanspruch (Fitness for Purpose). In der Produktion werden hierbei heute Kennzahlen zur Qualität über rechnergestützte Systeme bestimmt. Diese Systeme zur Qualitätssicherung werden CAQ-Systeme (CAQ von engl. Computer Aided Quality assurance) genannt.

Berufe im Qualitätsbereich

Die Deutsche Gesellschaft für Qualität bietet Bildungsveranstaltungen in diesem Umfeld an.

Literatur

  • Tilo Pfeifer, Robert Schmitt (Hrsg.): Masing Handbuch Qualitätsmanagement. 6., überarbeitete Auflage. Carl Hanser Fachbuchverlag, München/ Wien 2014, ISBN 978-3-446-43431-8.
  • Tilo Pfeifer, Robert Schmitt: Qualitätsmanagement. Strategien-Methoden-Techniken. 4. Auflage. Carl Hanser, München 2010, ISBN 978-3-446-41277-4.
  • Hans-Dieter Zollondz: Grundlagen Qualitätsmanagement. Einführung in Geschichte, Begriffe, Systeme und Konzepte. 2., erweiterte Auflage. Oldenbourg Verlag, München 2006, ISBN 3-486-25950-4.
  • Gerd F. Kamiske, Jörg-Peter Brauer: Qualitätsmanagement von A bis Z. Erläuterungen moderner Begriffe des Qualitätsmanagements. 5. Auflage. Carl Hanser, München 2005, ISBN 3-446-40284-5.
  • Tilo Pfeifer: Praxisbuch Qualitätsmanagement. Aufgaben, Lösungswege, Ergebnisse. 2. Auflage. Hanser, München 2001, ISBN 3-446-21508-5.
  • David A. Garvin: What Does „Product Quality“ Really Mean? Sloan Management Review, Fall 1984, S. 25–45.
  • Philip B. Crosby: Quality is free: the art of making quality certain. McGraw-Hill, New York 1979, ISBN 0-07-014512-1.
  • Oliver Lütke: Qualität und Kulturelles Kapital -Wie Haltungen das Ergebnis von Handlungen beeinflussen, 4. Auflage, Berlin 2020, Dissertation.de, ISBN 978-3-86624-637-9.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Qualität